Dienstag, 2. Juli 2013

Bahnhofssicherheitsdienst

Vor ein paar Tagen musste ich mit der Bahn verreisen und wie immer fielen mir ein paar Sachen besonders auf.

Das Bahnfahren an sich macht mir gar nicht so viel aus. Die vielen Menschen an Bahnhöfen und in der Bahn selbst allerdings schon.
Ich werde dann immer sehr nervös und hektisch und manchmal habe ich auch einfach Angst.
Angst davor das der Zug zu spät kommen könnte, ich in den falschen Zug einsteige, oder ich nicht an der richtigen Haltestelle aussteige.

Noch schlimmer ist für mich die Vorstellung, in einem überfüllten Zug zu stehen und genau dann raus zu müssen, wenn die Eingänge von den anderen Passagieren zugestellt sind. Ich kann nicht mal eben einfach darum bitten das man mich durchlässt. Dazu kommt meine körperliche Disposition. Außerdem mag ich nicht berührt werden. In einem vollen Zug mit Sicherheit ein schweres Unterfangen und wenn ich mich dann noch zwischen durchquetschen müsste: nein, das könnte ich schon gar nicht.
Darum versuche ich in solchen Situationen immer nahe der Türe stehen zu bleiben was leider nicht immer möglich ist.
Die Menschen um mich herum erkennen meine Situation meist nicht. Hilfestellung leisten sie mir auch nicht. So bin ich meist in der Bahn auf mich allein gestellt, unfähig mich zu äußern und von einer ständigen Angst getrieben, es könnte mich jemand berühren.

Wenn das schon alles wäre fände ich es noch erträglich.

Ich falle einfach auf. An jedem Bahnhof an dem ich warten muss.
Während ich warte, laufe ich meist sehr schnell und panisch im Kreis herum. Das beruhigt mich ein wenig und nimmt mir den inneren Stress weg.
Doch das sorgt dafür, dass eine bestimmte Gruppe Menschen immer auf mich aufmerksam wird und ich mich plötzlich in der Gesellschaft von Männern wiederfinde, die auf ihren Westen gut sichtbar ein Schild mit der Aufschrift tragen "Bahnhofssicherheitsdienst".
Sicherheitsdienst! Schon wieder einmal!
Immer stehen sie gut sichtbar in meiner Nähe, kurz nachdem ich den Bahnsteig betreten habe. Ja ich weiß, mein Verhalten ist auffällig und ich weiß auch, dass mich viele Kameras um mich herum schon lange entdeckt haben. Doch ich versteh nicht, warum man mir dann ständig den Sicherheitsdienst schickt, denn ich tue doch niemanden was.
Ich laufe doch nur aufgeregt meine Bahnen. Das nun der Sicherheitsdienst schon wieder neben mir steht, macht meine Nervosität nicht besser. Jetzt bloß keinen falschen Schritt. Bloß keine falsche Bewegung machen, am Ende denken die noch ich will ins Gleisbett springen. Oh je, das wäre schlimm.
Sie würden mich dann greifen wollen. Ich hasse Berührungen und würde mich wohl wehren wollen.
Was dann passieren würde, mag ich mir gar nicht weiter ausdenken und so hoffe ich jedesmal, dass ich keine falsche Bewegung mache und dass der Mann im Sicherheitsdienst genug Nerven besitzt, um seine Hand bei sich zu behalten.
Ich finde es traurig, dass ich mich nicht so bewegen darf, wie es mir gut tut, ohne als Sicherheitsrisiko eingestuft zu werden. So weit ist es durch die allgegenwärtige Überwachung und dem Terrorwahn schon gekommen.

Lieber Bahnsicherheitsdienst:
Wenn ihr das hier lest, bitte informiert euch ein wenig über Bewegungsunruhen bei Autisten, und stellt euch bitte nicht immer ganz so offensichtlich neben mich.

4 Kommentare:

  1. Naja, die denken vermutlich, du stehst irgendwie unter Drogen, und wollen halt dann wirklich nicht, dass du ins Gleisbett plumpst. Das es etwas so "harmloses" wie Autismus ist, ahnen sie vermutlich nicht einmal...

    Ich fürchte, da wirst du mit leben müssen, dass die dich auf dem Kieker haben.

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  2. Angesichts der ewigen Verspätungen und des alltäglichen Chaos versuche ich Bahnreisen meist zu vermeiden. Letztlich aus ähnlichen Gründen wie Du.

    Auch als neurotypischer Mensch mag ich es nicht gerne, wenn mir andere so auf die Pelle rücken, wie es in überfüllten Zügen meist der Fall ist.

    Mit dem Sicherheitswahn hast Du vermutlich sogar recht. Wahrscheinlich plärrt irgendwo eine automatische Überwachungskamera los, die "auffälliges Verhalten" registriert.
    Leider wird es wohl problematisch sein, den Bahnsicherheitsleuten deine Situation zu erklären: Meiner Erfahrung nach sind die oft nicht die hellsten Lichter am Christbaum; von Autismus haben die sicherlich noch nie was gehört.

    Ich bin mal mit welchen aneinander geraten, als die gleich die Bundespolizei gerufen haben, weil sie gesehen haben, wiel ich mit einigen Freunden in Gebärdensprache gesprochen habe (wir waren damals mit unserem Gebärdensprachkurs unterwegs und unsere Lehrerin ist selbst gehörlos). Die wussten nicht mal, was Gebärdensprache ist, und das es in echt Menschen gibt, die nichts hören können. m)

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  3. @ Kiezkicker ja das wird leider so sein wie du sagst. Werde wohl auch in zukunft drauf achten müssen soweit es mir möglich ist eine begleitung mitzu nehmen.

    @ Alexander Noack Gebärdensprache finde ich super interressant, und wollte ich schon immer mal lernen. Ich fände auch das die Gebärdensprache sehr gut als Therapie für Autisten geeignet wäre, weil man dort viel Gesichtmimiken gezielt einsetzen mus. Damit haben Autisten meist ihre schwirigkeiten, ich könnte mir daher vorstellen das ein guter Gebärden lehrer einem Autisten die Gesichtsmimik gut beibringen könnte, zumindest passend zur jeweiligen Gebärde.
    Leider habe ich nie einen Gebärden Lehrer getroffen der mir das hätte näher bringen können.

    Gruß Tageshauscaos

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  4. Vielleicht das don´t touch-T-Shirt in eine massentaugliche Visitenkarte umwandeln

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