Samstag, 20. Juli 2013

Denn auch wir möchten leben


Ich werde ja sehr selten sauer, doch heute ist irgendwie das Maß echt voll.
Da musste ich doch vorgestern bei Shortnews lesen, dass wir Autisten bemitleidenswerte Wesen sind, die nicht eigenständig leben können und die von morgens bis abends jemanden bräuchten der auf sie aufpasst, ansonsten wären wir nicht wirklich lebensfähig.

Was mir dabei durch den Kopf geht, während ich solche Kommentare lese, schreibe ich lieber nicht.
Dann kam heute ein Artikel heraus, der mal wieder Asperger Autismus als Modediagnose darstellt - dazu ein Fallbericht von einem Arzt der Autist ist.
Na, das der Arzt nicht soo viele Probleme hat, da er sich durchweg selbst helfen kann, ist ja wohl klar. Scheinbar kann er ja so gut kompensieren, dass er immerhin durch das Studium gekommen ist und sogar promovieren konnte. Er hat eine Praxis und ist heute Chef. Er kann jetzt selbst die Regeln bestimmen. Wenn er im Alltag so gut seine Probleme kompensieren kann, dann gratuliere ich ihm ganz herzlich dazu. Das ist aber leider bei den wenigsten von uns der Fall.
Bei mir eben auch nicht.
Dann muss ich mir in den Kommentaren noch so einiges gefallen lassen.
Da wird geschrieben, dass wir uns unsere Behinderung nur einbilden würden, dass die Pharmaindustrie nur diese Diagnose geschaffen hätte, um ihre Taschen voll zu machen. Für alle, die das Glauben sollten - Nur zur Information: Für den Autismus gibt es keine Medikation.
Zur Einbildung sei gesagt, das ich <ironie>mich sehr gerne in einem öffentlichen Gebäude auf den Boden schmeiße und zusammenbreche, weil mich jemand mal wieder angerempelt hat. Klar das tue ich ,weil es mir spaß macht.</ironie>
Ich dachte die Meinung, wir wären nur faul und wollten einfach nicht, wäre endlich irgendwann einmal vom Tisch.
Aber wenn man genauer darüber nachdenkt, wird es nie so werden. Zumindest solange nicht wie der Mobbing Vorwurf im Raum steht .
Ich stelle mal die Behauptung auf, dass viele der Leute, die der Meinung sind das Autismus nur eine Modediagnose ist, oder aber nur ein erfundenes Leiden darstellt, früher selber andere Kinder in den Schulen gemobbt haben und sie somit eher eine Schuld treffen würde, wenn sie zugeben würden, das Autismus sehr wohl eine Behinderung ist. In dem Falle hätten sie ja dann früher mit ihren Kollegen auf einem Behinderten rumgebasht. Deswegen streiten sie es gleich mal ab, das es so etwas überhaupt geben könnte. Um des eigenen Seelenfrieden willens.
Sie bashen im Internet mal fleißig auf dieselben Leuten ein. Was anderes scheinen sie auch bis zum erwachsenen Alter nicht gelernt zu haben.
Beide Seiten der Berichterstattungen ist nicht sonderlich förderlich für die Gruppe autistischer Menschen. Das es im oberen Bereich Autisten gibt, die kaum Probleme haben ist ganz klar, aber sie stellen eine Minderheit da. Auch die Autisten die in Heimen leben und sich nicht selber versorgen können, stellen ebenfalls nur einen Kleinen Teil von uns da.
Das sogenannte Mittelfeld sieht anders aus, wir haben positive Seiten und auch negative Seiten. Doch leider wird uns sehr oft der Vorwurf gemacht, dass man die positiven Seiten einfach mehr kommuniziert.
Ich bitte euch - was würdet ihr denn tun? Würdet ihr nicht auch lieber davon berichten, wie gut ihr in etwas seid, statt davon zu erzählen wie schlecht ihr etwas könnt?
Schlecht geht es uns oft genug, das könnt ihr uns glauben. Da ist es ja wohl völlig legitim, dass wir uns eher über unsere positiven Seiten identifizieren, als über unsere leidigen Anhängsel von Begleiterscheinungen. Denn auch wir möchten nicht immer damit konfrontiert werden.
Auch wir möchten leben, so wie ihr es tut.

4 Kommentare:

  1. Du weißt doch: Haters gonna hate. http://knowyourmeme.com/photos/39080

    Ich rate Dir dringend davon ab, auf großen Newsseiten die Kommentarspalten zu lesen. Da wird einem eh' nur schlecht. Verdammt viele Leute nutzen das Internet um einfach mal all ihren Frust abzulassen. Ich glaube in den meisten Fällen ist des den Leuten dabei völlig egal, wen sie da bashen. Hauptsache sie können mal so richtig draufhauen. Heute sind es Behinderte, morgen Muslime, übermorgen Arbeitslose.

    Die meisten Leute werden sich nicht die Mühe machen, überhaupt mal herauszufinden was Autismus eigentlich ist. Die dümmliche Schlagzeile in der BILD reicht, die Meinung wird doch mitgeliefert, wozu also noch selber denken.

    Sehr viele Menschen verstecken sich hinter seiner scheinbaren Anonymität des Netzes und lassen die kleinbürgerliche Maske fallen, die sie sonst tragen. Die Fratzen, die sich dahinter verbergen sind meist nicht schön anzusehen, im Grunde zeigen sie aber nur, wie erbärmlich diese Menschen sind.

    Wer den eigenen Anblick im Spiegel nicht erträgt, kann sich eben nicht selbst reflektieren.

    Lass Dich von solchen Kommentaren nicht runterziehen, Menschen die Sätze schreiben wie "Autismus ist eine eingebildete Krankheit!" oder "Die wollen sich doch nur auf meine Kosten ein schönes Leben machen" (höre ich ironischer Weise oft von Rentnern; ich frage dann zurück ob ihnen klar ist, wer da gerade ihre Rente bezahlt), sollte man bedauern. Wie erbärmlich ist es denn bitte, wenn die einzige Bestätigung die man bekommt darin besteht, andere nieder zu machen.

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  2. Ja irgendwie hast du damit vollkommen recht. aus dem frust heraus habe ich dann gestern das einizigst vernünftige gemacht. Den Rechner heruntergefahren und ein Paar Autistenfreunde in einer der Nachbarstadt besucht.
    War ein toller Nachmittag ;), sollte ich öffter mal machen.
    Du wirst wohl recht haben und ich muß mir angewöhnen solch einen mist, mir nicht mehr durchzulesen.

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    1. Mir fällt das auch immer schwer, und ich merke dann wie ich anfange mich aufzuregen. Da kann man eigentlich nur versuchen wegzuschauen, denn die grenzenlose Dummheit mancher Leute kann man nicht ändern. Schon gar nicht mit Vernunft.

      Insofern machst Du das richtig: Durchatmen, und sich mit Menschen umgeben, die man mag und die einen so akzeptieren wie man ist.

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  3. ja das tut immer wieder gut, und ich bin total froh nicht allein zu sein.

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