Langsam, sehr langsam und mit viel Skepsis, versuche ich wieder ein wenig auf die Menschen zu zugehen.
Schritt für Schritt taste ich mich
vor.
Es ist der nächste Abschnitt, den ich
seit meiner Diagnose gehe, denn vor meiner Diagnose hatte ich schon
aufgegeben. Ich wollte niemanden mehr kennen lernen.
Das was man mir bis dahin alles angetan
hat, würde reichen für mein ganzes Leben, habe ich bei mir gedacht.
Schon gar nicht war mir bewusst, warum
Leute die ich kennen lernte, mich nach kurzer Zeit schon mies
behandelten. So ganz erklären kann ich mir das bis heute immer noch
nicht.
Nach den letzten verbitterten
Erfahrungen die ich machen musste, und den ständigen Anfeindungen
die mir entgegen schlugen, hatte ich keine Kraft mehr um auch nur
noch auf einen Menschen zu zugehen.
Ich hatte meinen Freund das reichte
mir.
Ich schloss mich zu Hause ein und ging
nur wenn es unbedingt sein musste vor die Tür. Von meinem Leben
selbst, erwartete ich nichts mehr.
Meine Gedanken gingen in die Richtung,
"wenn ich eh nur Enttäuschungen erlebe und niemand mir wirklich eine
Chance in meinem Leben geben will, dann brauche ich auch niemanden,
der mir nur weh tut oder mein Vertrauen schamlos ausnutzt."
Ich habe kaum nette Menschen kennen
gelernt. Mobbing war da noch die netteste Art wie man mit mir
umgegangen ist.
Doch dann kam die Diagnose und eines
änderte sich. Ich konnte das erste Mal in meinem Leben mich erklären
und den Leuten sagen wer ich war.
Eine Autistin die ihren Platz in der
Welt noch sucht.
Dann kamen recht schnell die ersten
zaghaften Schritte zu Leuten, denen es ebenfalls genauso ging wie mir
und die auch Autisten waren.
Das erste Mal merkte ich schnell, dass
ich plötzlich in einer Gruppe akzeptiert wurde. Ein sehr komisches
Gefühl, wenn man das das erste Mal nach so vielen Jahren erleben
darf.
Das ist jetzt auch schon etwas her und
den ein oder anderen Menschen gibt es nun in meinem Umfeld.
Einen davon möchte ich euch heute
einmal vorstellen. Er ist einer der ersten neurotypischen Menschen, denen
ich mit meinem neuen Ich entgegen trete.
Eigentlich kenne ich ihn, bzw. seine
Bilder schon länger, wie er mich. Er ist Künstler
und eines seiner Bilder sah ich vor vielen Jahren in einem Schaufenster. Das Bild fand ich sogar so schön das ich mich darüber erkundigt
hatte. Es war ein Pferdekopf in flammenden Farben. Leider konnte ich es damals nicht käuflich erwerben.
Pino hieß der Maler (Künstlername: Poverino Peppino). Er malt sowohl gegenständlich, als auch abstrakt und er macht in seiner Freizeit auch Musik.
Und seit dem, wenn jemand über Kunst mit mir sprach, fiel mir nur der eine Name des
Künstlers ein, der dieses für mich faszinierende Bild gemalt hatte.
Also ich kann sagen, ich kannte seine
Werke noch bevor ich ihn kannte.
Jahre später ging sein Pc kaputt und
er suchte jemanden der ihn reparieren konnte. Wie der Zufall es
so wollte, gab ein Bekannter von meinem Freund ihm unsere Adresse.
Wenige Tage später stand er vor uns. Man hatte sich in all den Jahren mal ab und zu aus der Ferne gesehen, ich wusste immer wer er war. Aber er kannte mich, wenn
überhaupt, nur vom Hören-Sagen.
Zum reparieren des Pc, musste mein
Freund zu ihm nach Hause. Und natürlich nahm er mich mit.
Da stand ich nun gegenüber dieses
Künstlers, dessen Bild ich vor 8 Jahren gesehen hatte, und war neugierig.
Schnell entstand in den ersten
Gesprächen eine Art Vertrautheit.
Zum Dank lud er uns dann noch zum Essen
ein und weil er hörte, dass ich gerne nähte, kramte er einen Karton
für mich hervor, der voll bis oben hin gefüllt mit Stoffen war.
"Eigentlich wollte ich eine Patchworkdecke für meine Freundin damit nähen, doch irgendwie schaffe ich es
nicht und habe dieses Projekt fallen gelassen.", erklärte er mir.
Darum schenkte er mir also die Stoffe. Und ich war so gerührt, dass
mir jemand etwas so tolles gab, dass ich das Gefühl hatte, ihm auch
etwas tolles zurück geben zu wollen.
Zu Hause setze ich mich hin und nähte nur mit Nadel und Faden (ohne Maschine) eine Patchworkdecke. Zwei Wochen habe ich gebraucht, um 100 Flicken mit der Hand zusammen zu
nähen. Dabei war ich so aufgeregt und hoffte jeden Tag aufs Neue,
dass ihm die Decke gefallen würde.
Er war überwälltigt XD und sie
gefiel ihm super gut....
Leider hatte ich vergessen, Fotos zu
machen. Doch mittlerweile fragen mich immer wieder Menschen, die von
dieser Decke hören, wie sie denn aussah. Und so habe ich zusammen mit
meinem neu gewonnen Freund gestern ein paar Fotos davon geschossen.
Ich hoffe sie Gefällt euch …..
Meine Patchwork-Decke: über 100 Flicken von Hand genäht... |
Liebe grüße sam becker
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